Was ist Medizinalcannabis?
Unter dem Begriff „Medizinalcannabis“ werden getrocknete Cannabisblüten, Extrakte und Medikamente zusammengefasst, welche aus den Bestandteilen der Cannabispflanze gewonnen werden. Diese müssen den Anforderungen des europäischen Arzneibuchs genügen.
Die Cannabisblüte enthält neben THC und CBD noch über einige hundert weitere Inhaltsstoffe, welche einen potenziellen therapeutischen Nutzen besitzen können (darunter verschiedene Cannabinoide, Terpenoide und Flavonoide). Die „cannabisbasierten Arzneimittel“ (CAM) schließen außerdem Extrakte und voll- sowie halbsynthetische Einzelwirkstoffe mit ein.
Die wichtigste Abgrenzung zum „Straßen“- bzw. Schwarzmarkt- und damit illegalem Cannabis, besteht hinsichtlich der strengen Qualitätsauflagen und ständigen Kontrollen: Bevor Medizinalcannabis in den Handel gelangt, durchläuft er auf seinem Weg unter streng gesicherten Produktionskriterien vom Gewächshaus in die Apotheke viele Analysen und Qualitätskontrollen. Neben dem Anbau werden hierbei auch sämtliche Schritte der Verarbeitung streng behördlich kontrolliert. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Patient ein sicheres Produkt erhält, welches ausschließlich die angegebenen Bestandteile in bestimmten, ausgewiesenen Konzentrationen enthält.
Grundsätzlich gilt, dass Cannabis als Medizin nur auf Betäubungsmittelrezept unter strengen Kriterien der Regierungsbehörden vom behandelnden Arzt verschrieben werden kann. Medizinalcannabis ist dabei unter bestimmten Voraussetzungen erstattungsfähig.
Rechtlicher Status – Das Cannabis-Gesetz
Das im März 2017 im Bundestag einstimmig beschlossene Gesetz „Cannabis als Medizin“ regelt den Einsatz von Cannabis und cannabisbasierten Arzneimitteln (CAM) als Therapieoption für Patienten. Ziel ist eine Verbesserung der Patientenversorgung bei schwerwiegenden Erkrankungen.
Auch Cannabisblüten und Extrakte gehören seitdem zu den Medikamenten, die vom Arzt verschrieben werden können. Für gesetzlich Krankenversicherte, die unter einer schwerwiegenden Erkrankung leiden, besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Kostenübernahme. Eine Kostenübernahme ist mit der betreffenden Krankenkasse (gesetzliche/ private Krankenversicherung / Beihilfestelle / Berufsgenossenschaften) grundsätzlich vor Therapiebeginn zu klären. Die Krankenkassen dürfen einen Antrag nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen.
Für die Verordnung von Cannabisblüten und anderen cannabisba- sierten Arzneimitteln ist jedoch eine Genehmigung der Krankenkasse keine zwingende Voraussetzung. Die Therapieentscheidung unterliegt einzig dem behandelnden Arzt, welcher die Verantwortung für die
Therapie trägt.
Kostenübernahme
Grundsätzlich steht einer Kostenübernahme der Cannabistherapie durch gesetzliche Krankenkassen nichts im Wege. Jedoch müssen
einige Bedingungen erfüllt sein:
1. Der Patient leidet unter einer schwerwiegenden Erkrankung. 2. Zur Behandlung dieser Erkrankungen, oder der von ihr verursachten Begleitsymptome stehen (weitere) allgemein anerkannte Therapien entweder nicht zur Verfügung, oder kommen für den Patienten nicht in Frage (z. B. aufgrund von Nebenwirkungen, die vom Patienten nicht toleriert werden). Ausschlaggebend ist hierbei die Einschätzung des Arztes. 3. Arzt und Patient versprechen sich durch die Anwendung von Cannabis eine positive Einwirkung auf Krankheitsverlauf oder Allgemeinzustand.
Sind diese Punkte geklärt (und zwar vor Beginn der Therapie!), kann der Patient unter Mithilfe des Arztes einen Antrag auf Kostenübernahme bei der gesetzlichen Krankenkasse stellen. Die Entscheidung erfolgt innerhalb von 2-5 Wochen; im Rahmen einer Palliativversorgung verkürzt sich die Frist zur Genehmigung auf drei Tage. Wird der Antrag bewilligt, so ist der Arzt verpflichtet, an der Begleiterhebung des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) teilzunehmen und muss seine Patienten darüber informieren. Diese Regelung betrifft nur
gesetzlich versicherte Patienten.
Die häufigsten Ablehnungsgründe sind fehlerhafte und unvollständige Anträge – das Stellen eines Kostenübernahmeantrags sollte also sorgfältig durchgeführt und gut vorbereitet sein!
Selbstzahler
Sollten Arzt und Patient sich nach sorgfältiger Prüfung für einen Therapieversuch mit CAM entscheiden, so sind CAM generell verschreibungsfähig, d. h. der Arzt kann ein Rezept ausstellen. Dies gilt unabhängig von der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse. Ausschlaggebend ist hierfür zunächst das Betäubungsmittelgesetzes (§13).
Das heißt: Die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ist keine Voraussetzung für die Verschreibung von CAM.
Sollte also ein entsprechender Antrag abgelehnt, oder gar nicht erst gestellt worden sein, kann dennoch eine Therapie stattfinden, wenn der Arzt diese für sinnvoll und vertretbar hält. Die Kosten hierfür trägt dann jedoch der Patient selbst.
Fahrtüchtigkeit / Reisen im Schengener Raum
Fahrtüchtigkeit Prinzipiell gilt das Führen eines Fahrzeuges unter Cannabiseinfluss als Ordnungswidrigkeit und kann zum Verlust des Führerscheins führen.
Die Bundesregierung hat allerdings im April 2017 mitgeteilt, dass Cannabis-Patienten am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, wenn sie in ihrer Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt sind. Patienten sollten den vom Arzt ausgestellten Cannabis-Ausweis in Kombination mit einer aktuellen Rezeptkopie und ggf. einer Dosierungsanleitung bei sich führen.
Reisen im Schengener Raum Jeder Patient darf bei Reisen innerhalb der Mitgliedsstaaten des Schengener Abkommens (s. u.) Betäubungsmittel in angemessener Menge mitführen, wenn diese im Rahmen einer ärztlichen Verordnung (also per BtM-Rezept) erworben wurden. Man spricht dann von Reise- bedarf. Die Regelungen gelten für Bürger aller Vertragsstaaten des
Abkommens. Betäubungsmittel dürfen grundsätzlich nur für den eigenen
Bedarf mitgeführt werden. Eine Mitnahme durch eine beauftragte Person ist hierbei nicht zulässig. Bei Reiseantritt muss eine spezielle Bescheinigung des behandelnden Arztes vorliegen. Die Bescheinigung muss außerdem von der obersten Landesgesundheitsbehörde (oder einer von ihr beauftragten Stelle) beglaubigt sein. Die Gültigkeit kann bis zu 30 Tage betragen.
Teilnehmer am Schengener Abkommen sind zurzeit: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und Ungarn